Der Blick nach Nirgendwo und die Sprachen der Neuen Musik – DE/ENG [Thomas Dworschak]

Der Blick nach Nirgendwo und die Sprachen der Neuen Musik

Neuheit und Erfahrung

Es ist in der modernen Epoche ein hoher Anspruch an Kunst, dass sie neu, wenigstens zeitgenössisch sein soll. »Neu« ist nun ein Adjektiv, das nur im Vergleich mit etwas anderem eine Bedeutung hat – im Unterschied zu Adjektiven wie »nass«, »süß« oder »grasgrün«. Musik als »neu« zu bezeichnen hat nur dann einen Sinn, wenn sich darin ein Urteil darüber verbirgt, welche Musik »nicht mehr neu« ist. Wie wir diese Unterscheidung treffen können und ob sie überhaupt sinnvoll ist – dieser Streit ist so alt wie die Neue Musik selbst.

Das Wort »neu« braucht den Vergleich mit dem nicht mehr Neuen, um etwas auszusagen. Oft braucht es aber noch einen zweiten Bezugspunkt. Wenn es um ein neues Haus oder um ein neues Handymodell geht, genügt es, ihre Neuheit damit zu erklären, dass es dieses Haus oder dieses Handy vorher nicht gab. In anderen Fällen hilft diese Erklärung nicht weiter, nämlich dann, wenn wir sagen, wir hätten eine neue Erfahrung gemacht. Gerade wenn es um Kunst geht, hat diese Dimension großes Gewicht. Die Werke, so verspricht man, öffnen dem Publikum die Augen und die Ohren, sie überschreiten die Gewohnheiten der Wahrnehmung und die üblichen Kategorien der Beurteilung.

»Neu« grenzt sich hier nicht mehr nur von Dingen oder Werken ab, die schon da waren. Der Bezugspunkt des Wortes sind nun Subjekte und ihre Erfahrungshorizonte. Wenn etwas neu ist, dann immer für jemanden. Gelingt es, Menschen eine neue Erfahrung zu bereiten, so ist das außerdem wohl kein Zufall, sondern – so nehmen wir an – die Leistung der Künstler*innen: Ihnen wird es gelungen sein, ihren eigenen Blick auf die Welt zu erneuern und ihre eigenen Gedanken darüber, wie ihre Musik gestaltet sein soll, aus eingefahrenen Gleisen herausgehoben zu haben.

Überall und nirgendwo – Das universal Neue

Dieses Festival wirft einen Blick nach Osten – nach Russland, China und Japan. Was für eine Erfahrung kann dieser Blick bescheren, wenn wir die Frage nach dem Neuen in Betracht ziehen? Welche Rolle spielt es für künstlerische Innovation, woher die Musik stammt?

Diese Fragen stoßen mit einer Konzeption des Neuen, Zeitgenössischen und Innovativen zusammen, der zufolge es keine Rolle spielt, aus welcher Weltgegend die Musik stammt, wenn man urteilen möchte, ob sie auf der Höhe der Zeit ist. Diese Konzeption nimmt an, dass Musik dann neu ist, wenn sie bekannte Klänge auf unbekannte Weise miteinander verbindet oder wenn sie neues Material erschließt. Beide Aspekte sind in einem weiten Sinne technisch: Sie betreffen Techniken der Komposition und Techniken der Klangerzeugung, von den Spielweisen über die Einbindung unvertrauter Instrumente bis hin zu dem weiten Spektrum elektronischer Klangproduktion.

Wenn wir Musik als Kunst hören, sind wir – so denken viele Kenner*innen – gefordert, uns vor allem auf diese Aspekte einzulassen, und wir verlangen, dass die Komponist*in sich ihnen gewachsen gezeigt hat. In einer globalisierten Welt sind technische Aspekte aber überall auf gleiche Weise zugänglich, und sie stellen überall die gleichen Ansprüche. Kunstmusik ist dementsprechend international, ja universal. Sie sprengt alle Grenzen lokaler oder nationaler Musiksprachen. Und diese Ansicht scheint berechtigt zu sein, wenn wir bedenken, dass die konzeptuellen und technischen Errungenschaften der Neuen Musik – von den Anfängen der Reihenkomposition über serialistische Verfahren, erweiterte Spieltechniken und jüngere Entwicklungen im Bereich elektronischer Medien – sich einer Anerkennung erfreuen, die von Landesgrenzen ganz unabhängig ist. Ähnlich wie man in den 1930er Jahren von einem »internationalen Stil« der Baukunst zu sprechen begann, könnten wir sicherlich Charakterzüge eines internationalen Stils der Neuen Musik identifizieren.

Der Gegensatz zu diesem Stil ist Musik, die an ihrem kulturellen Boden klebenbleibt und daher vor dem Maßstab des Internationalen rückständig und kitschig erscheint. Die Erfahrung, in der uns das Neue trifft, sollte dementsprechend ebenfalls universal sein. Maßgeblich ist nicht, was irgendjemandem zufälligerweise als neu vorkommt, sondern maßgeblich ist die Erfahrung einer Hörer*in, die wir uns universal vorstellen – so, dass ihre Kunsterfahrung auf keine einzelne Tradition eingeschränkt ist. Sowohl die Musik als auch das Publikum sollen sich von überkommenen Voraussetzungen und Assoziationen befreit haben.

Die symbolische Kraft der Musik

Eine unbefangene Erfahrung von Musik nimmt jedoch nicht allein die Struktur, Bewegung und Klanggestalt in sich auf. Sie begreift Musik fast immer auch unter einem Aspekt, den wir »symbolisch« nennen können und der sich nur mit großen Mühen verdrängen lässt.

Musik symbolisch zu erfahren heißt, dass sie uns an etwas erinnert, das außerhalb ihrer Klänge liegt. Diese Erinnerungen sind oft hochgradig individuell: Ein Stück Musik, ein Motiv, ein Klang ruft ein Erlebnis aus unserer eigenen Lebensgeschichte wach. Unüberhörbar sind jedoch auch die zahlreichen Symbole in der Musik, die in einem kulturellen Rahmen mehr oder weniger festgelegt sind. Ihre Bedeutung lernen wir informell von Kindesbeinen an. Der Klang der Orgel verweist uns auf den Raum der Kirche, derjenige einer Blaskapelle, verbunden mit prägnanter Metrik und eingängigen Melodien auf einen Festumzug. Das betrifft nicht nur die Gebrauchsmusik, die solche Assoziationen gezielt ausnutzt, etwa zu Werbezwecken, sondern auch die Kunstmusik über die Jahrhunderte hinweg: Haydn und Mozart arbeiten mit solchen Symbolwerten – die wir heute möglicherweise gar nicht mehr als solche erkennen und durch andere Verständnisse ersetzen – nicht weniger intensiv als Mahler, Puccini oder Ravel. Symbolwerte durchdringen unsere musikalische Erfahrung. Für die Frage nach dem Neuen in der Musik bilden sie jedoch ein Problem. Zum einen widerstreben Symbolwerte der Universalisierung: Sie sind stets an einen Horizont von Praktiken und Bedeutungen gebunden, die man bereits erfahren und verstanden hat. Darum können zum Zweiten solche Symbolwerte nie ganz neu sein. Sie hängen ja wenigstens mit etwas bereits Bekanntem zusammen. Überdies lässt sich dieser Zusammenhang nicht einfach so erfinden oder herstellen. Oft gibt es ihn bereits, oder er entsteht für uns ohne bewusstes Zutun, wie sich eben eine Erinnerungsverknüpfung bildet. Damit sind Symbolwerte zum Dritten gerade das, was das internationale Fortschrittsdenken in der Musik überwinden wollte, nämlich unreflektiert entsprungene und weitergegebene Muster und Gewohnheiten.

Andererseits kommt es vermutlich genau auf den symbolischen Aspekt aller Musik an, wenn wir annehmen, dass es für die Erfahrung der Musik eine Rolle spielt, woher sie kommt. Das gilt auch für den Blick nach Osten. Wenn Neue Musik schlechthin universal ist, dann ist es irrelevant, ob wir nach Osten, Westen, Süden, Norden oder auf uns selbst schauen. Wenn der Blick nach Osten relevant ist, dann – so wäre zu bedenken – wegen der Symbolwerte der Musik, die sie auf eine besondere Weise kennzeichnen.

Klischees – Wir und die Anderen

Damit kommt sofort das Problem des Klischees ins Spiel. Mit einem Klischee haben wir es zu tun, wenn man einem Klang oder einer Klangfigur eine bestimmte, stereotype Bedeutung zuschreibt und sie auch in diesem Sinne weiter gebraucht. Für den Blick über räumliche Entfernungen hinweg sind die kulturübergreifenden Klischees besonders interessant und besonders kritisch. Denn wenn wir einen Blick nach Osten werfen möchten, liegt es nahe, nach den Charakteristika zu suchen, die uns eine Musik als »östlich« erkennen lassen – als japanisch, chinesisch, russisch. Solche Charakteristika kennen wir auch alle. Wir haben sie von klein auf gelernt. Sie sind aber zunächst unsere Symbole – die Symbole, mit denen Deutsche oder Mittel- oder Westeuropä- er*innen die Produkte einer »anderen Kultur« markieren und erkennen.

Üblicherweise ist es abwertend gemeint, wenn wir etwas als Klischee bezeichnen. Das wird jedoch der Komplexität des Problems nicht gerecht. Wenn es stimmt, dass wir Symbolwerte ungewollt aus der Musik heraushören, dann kommen wir um Klischees nicht herum. Klischees und die Assoziationen, die sie anregen, sind markant. Sie geben dem Hören einen Anhaltspunkt. An einem solchen Anhaltspunkt kann vieles geschehen.

Im schlechtesten Fall bleibt es bei der Assoziation und beim bloßen Wiedererkennen. Diesen Sachverhalt überdeckt eine Täuschung der Neuheit: Wenn wir hören, dass in den Rahmen einer Musiksprache, an die wir gewöhnt sind, Floskeln eingearbeitet sind, die uns an etwas »Fremdes« oder Exotisches denken lassen, dann kann diese Verknüpfung so wirken, als ob sie uns die Augen öffnete und etwas Neues erfahren ließe. Neu ist hier aber bestenfalls die Verbindung von Symbolen, die für sich genommen altbekannt sind. Bleibt es bei einem Nebeneinander von solchen überraschenden Reizen, die auf die klischeehafte Assoziation zurückgehen, so lässt sich die scheinbar neue Erfahrung kaum noch von einem Exotismus trennen. Ein solcher Exotismus ist aber nur darum reizvoll, weil er von einem beschränkten und feststehenden kulturellen Horizont ausgeht, vor dessen Hintergrund sich die Klischees als schmückende Effekte abzeichnen können.

Anders ist es, wenn eine exotisch erscheinende Formel auf ihre melodische Struktur, ihre Klangqualitäten, ihre Rhythmik hin durchleuchtet und durchgearbeitet wird, so dass sie »unsere« Musiksprache anreichert. Nun löst sich das Klischee auf, und die Horizonte zwischen dem Eigenen und dem Fremden verwischen sich. Hier wird kein Klischee gebraucht, sondern genau hingehört. Es mag scheinen, als sei die Innovation, die hieraus entspringen kann, rein technisch. Wäre es aber richtig, anzunehmen, dass die technische Durcharbeitung alle Spuren des Symbolwertes auslöscht und überschreibt? Oder gehört es nicht zum Wert einer internationalen Musiksprache, dass die Wurzel einer Klangfigur in einem bestimmten kulturellen Kontext hörbar bleibt?

Der »internationale Stil« – Symbol wider Willen?

Der Wert der symbolischen Verweisungen bildet ein Gegengewicht zu der Vorstellung, dass wir die Gegenwärtigkeit von Musik an einem universalen Maßstab messen könnten. Und wenn wir diesen Wert ernst nehmen, verwandelt sich die universalistische Perspektive. Eindrucksvoll hat Helmuth Plessner diese Verwandlung 1931 in seinem großen Essay »Macht und menschliche Natur« dargestellt – freilich nicht in Bezug auf Musik, sondern auf den universal gemeinten Begriff des Menschen. Es mag wohl ein Fortschritt sein, dass ein solcher nicht mehr an eine bestimmte Lebensweise und Kultur gebundener Begriff des Menschen auf der Bühne der Geschichte auftritt. So können wir auch die Vorstellungen einer Gegenwartskunst verstehen, die alle nationalen oder kulturellen Grenzen überschreitet. Zugleich aber betont Plessner: Ein solcher Begriff tritt auf der Bühne der Geschichte auf – in einer bestimmten historischen Situation und in einer bestimmten Gegend der Welt. Er versteht sich selbst als universal, entspringt aber einer eigenen Tradition und einem eigenen kulturellen Zusammenhang. Für die Musik bedeutet das: Die Mittel des »internationalen Stils« können durchaus von außen wahrgenommen werden – von einem Standpunkt also, der sich selbst so versteht, dass er von dieser Internationalität noch gar nicht abgedeckt ist. Von ihm aus erscheint der internationale Stil als ein besonderer Stil, der überdies – symbolisch – auf einen bestimmten Kontext verweist, nämlich auf Europa, auf »den Westen«, auf Aspekte seiner Kultur. Ihre rationalen, intellektuell geprägten Züge sind hier vermutlich von besonderem Gewicht. Eine Kunst, die sich von jedem Verweis auf bestimmte Traditionen emanzipieren wollte, erscheint nun ihrem eigenen Selbstverständnis zum Trotz als Trägerin von Symbolgehalten, die sie an einen Bezirk in der Weltgeschichte zurückbinden.

Der Musik, den Musiker*innen und Komponist*innen wird es schwerfallen, sich gegen solche symbolischen Auffassungen zu wehren. Sie können darauf pochen, dass man sie missversteht, wenn man die Musik mit Erinnerungen und Stereotypen verknüpft. Sie können proklamieren, dass das Wesentliche ihrer Musik in einem anderen Feld liegt. Aber macht es nicht ein Potential für das Neue und Zeitgenössische aus, dass das Hören solche unreflektierten Züge hat, die immerzu über die Musik hinausdrängen – dass die symbolischen Aspekte wild wachsen, sich aufdrängen und damit das rationale, konstruierende Denken und Hören herausfordern?

Antworten auf diese Frage gibt der Blick nach Osten (ein Blick in den globalen Süden kann Vergleichbares leisten), sobald wir sehen, dass im gleichen Zug der Osten auf uns zurückblickt. Auch dies kann auf verschiedene Weisen geschehen. Im schlechtesten Fall ist dieser Blick ein Spiegelbild des Exotismus: Gefällig wird ein Klischee reproduziert, das der Europäer wiedererkennen soll. Die interessanteren Fälle treffen wir aber in Musik an, die in das Spektrum ihrer Mittel – ihrer Melodik, Rhythmik oder Instrumentation – Techniken der internationalen Neuen Musik aufgenommen und verarbeitet hat. Dann hören wir musikalische Mittel, mit denen wir uns selbst identifizieren, mit anderen Ohren: Sie wurden aus einem uns selbstverständlichen Kontext herausgenommen. Dann klingen sie zugleich vertraut und fremd – ähnlich wie wenn wir in einer fremden Sprache Wörter unserer eigenen Sprache hören, die jene als Zitate und Lehnwörter in sich aufgenommen hat. In dieser Rolle gewinnen sie einen neuen, vielleicht befremdlichen Klang und Sinn. Das kann bis zum Parodistischen gehen: Der internationale Stil wird von einer Musik, die anderen Traditionslinien entsprungen ist, getragen wie eine Verkleidung. Was ist es nun für eine Erfahrung, Musik zu hören, die in ihren Klängen das Symbolische mitträgt, ohne sich ihm auszuliefern? Es wirkt verfremdend, wenn wir etwas, das wir für universal halten und mit dem wir uns zugleich identifizieren, auf diese Weise gespiegelt hören. Verfremdet erscheint so einerseits das, was wir traditionell als Stilmittel Neuer Musik hören. Denn kann es nicht sein, dass unsere Erfahrung des Neuen und Zeitgenössischen sich selbst auf Klischees stützt, indem sie eine Reihe von Klanggestalten eben als Symbole des Modernen auffasst? Verfremdet erscheinen zugleich die Erwartungen, sogar die Klischees, deren Erfüllung wir unreflektiert erwarten, wenn wir nach Osten blicken.

Die Verfremdung und die Ironie, die sich ergeben, wenn Symbolwerte aufeinandertreffen, provozieren eine besondere Art der Erfahrung. Es dürfte nicht zu viel gesagt sein, wenn wir diese Erfahrung als neu und überraschend kennzeichnen. Das ist sie aber gerade deshalb, weil ihre Neuheit nicht allein klanglicher oder technischer Art ist. Ebenso wenig geht sie auf eine Zusammenfügung von Techniken oder Symbolen zurück, bei der die einzelnen Puzzleteile das bleiben, was sie vorher schon waren. Die neue, überraschende Erfahrung entspringt vielmehr aus der Reibung von musikalischen Aspekten, die wir gewohnheitsmäßig so hören, dass sie die Erinnerung an etwas außerhalb der Musik einschließen. Diese Neuheit lässt das Alte nicht hinter sich, sondern sie bewahrt es auf und lässt es schillern.

Damit ist die Musik des Festivals eine doppelte Einladung: zugleich nach der Vielfalt derjenigen Klanggestalten zu hören, die sich einem bestimmten kulturellen, möglicherweise traditionellen Kontext verdanken und daher mit Symbolik beladen sind – und unsere eigene Wahrnehmung jener Klanggestalten, in der wir doch immer wieder auf die Gleise der Klischees zu rutschen drohen, zu hinterfragen.

Looking Nowhere and the Language of Contemporary Music

Innovation and Experience

In the modern age, art is required to be new and, at the very least, contemporary. »New« is simply an adjective which only has meaning when it is compared with something else – in contrast to adjectives such as »wet«, »sweet« or »grass-green«. To describe music as »new« can only have meaning when it is established which music is »no longer new«. The debate concerning how we can make this distinction and whether it is even constructive to do so is as old as contemporary music itself.

The word »new« needs to be compared with that, which is no longer new, in order to say something. There often also needs to be a second point of reference. When talking about a new house or a new model of mobile phone, it suffices to explain its newness as: this house or this mobile phone which did not previously exist. In other cases, this explanation is no longer helpful, particularly when we say we had a new experience. When it comes to art, this dimension is especially important. The works, it is promised, open the audience’s eyes and ears; they transcend the normal perceptions and the traditional categories of evaluation.

In this case, »new« is no longer only differentiated from things or works that already exist. Subjects and their experiences act as the word’s point of reference. If something is new, then always »for someone«. Over and above, if it is possible to present people with a new experience, then it is not a coincidence, rather – we assume – the artists’ achievement: They will have succeeded in renewing their own view of the world and their own thoughts about how their music should be created having moved off the beaten track.

Everywhere and nowhere – the universal new

This festival looks to the East – to Russia, China and Japan. What kind of experience can this glimpse afford us when considering the question of what is new? What role does the origin of music play for artistic innovation?

This question collides with a concept of the new, the contemporary and the innovative, in which it does ›not‹ matter from which part of the world the music originates when assessing whether it is in tune with the times. This conception assumes that music is then new when it combines familiar sounds in an unfamiliar way or when it opens itself to new material. Both aspects are, in a broad sense, technical: they pertain to the techniques of the composition and the techniques of the sound production – from the style of playing to the integration of unfamiliar instruments to the wide range of electronic sound production.

When we hear music as art, we are – as many experts think – required, above all, to engage with these aspects, and we expect the composer to be equal to the task. In a globalized world, technical aspects are equally accessible everywhere, and they make the same demands everywhere. Art music is thus international, indeed universal. It ignores boundaries of local or national musical languages. And this opinion appears to be justifiable when we consider that the conceptual and technical achievements of contemporary music – from the beginnings of the serial composition to the process of serialism, expanded playing techniques and recent developments in the area of electronic media – enjoy a recognition that is completely independent of country borders. Similar to how one began to speak of an »international style« of architecture in the 1930’s, we could certainly identify characteristics of an international style of contemporary music.

The contrast to this style is music that remains rooted in its cultural and, as a result, seems antiquated or tasteless against the international standard. The experience, in which we encounter the new, should accordingly also be universal. What happens to be new to any one individual is not a decisive factor; what is decisive, however, is the experience of a listener whom we deem universal – in a way that her artistic experience is not limited by any one tradition. The music as well as the audience should be liberated from conventional presuppositions and associations.

The symbolic power of music

An unbiased experience, however, does not only include the structure, movement and form of sound. It also almost always understands music as an aspect which we can call »symbolic« and which only allows itself to be suppressed with great effort. To experience music symbolically means that it reminds us of something that lies beyond its sounds. These memories are often highly individual: a piece of music, a motif, a sound awakens an experience from our own life’s story.

Unmistakable, however, are also the numerous symbols in music, which are more or less fixed in a cultural framework. We informally learn their meaning from an early age. The sound of an organ refers to the sacred building of a church, that of a brass band together with a strict meter and catchy melodies to a parade. This does not only apply to Gebrauchsmusik (utility music), which aims to exploit these associations, such as for advertising purposes. It has also pertained to art music for centuries: Haydn and Mozart worked with these symbolic values – that we today conceivably no longer recognize as such and replace with other understandings – no less intensively than Mahler, Puccini or Ravel.

Symbolic values are ever present in our musical experience. However, they pose a problem for the question of what newness in music is. Firstly, symbolic values oppose universalization: they are always attached to a horizon of practices and implications which we have already experienced and understood. That is why, secondly, such symbolic values can ›never be completely new‹. At the very least, they are associated with something that is already familiar. Moreover, this association is not simply invented or produced. It is often already there, or it is formed without our conscious intervention, just as a link to our memories is formed. As a result, symbolic values are, thirdly, that which the international progressive thinking in music wanted to overcome, namely patterns and habits that arise and are imparted without reflection.

On the other hand, it presumably depends specifically on the symbolic aspect of all music, if we assume that the experience of music is affected by its origin. That also holds true for looking to the east. If contemporary music is per se universal, then it is irrelevant if we look to the East, West, South, North or to ourselves. If looking to the East is relevant, then it is – as it could be considered – because of the symbolic values of the music, which characterize it in a particular way.

Clichés – We and others

The problem of clichés immediately comes into play. With a cliché, we are dealing with a sound or a sound figure when we assign a particular, stereotypical meaning and continue to use it in this sense. The cross-cultural clichés are particularly interesting and particularly critical when taking spatial distances into consideration. If we want to look to the East, it would then suggest that we must look for the characteristics, which indicate music to us that is »eastern« – Japanese, Chinese, Russian. We are all familiar with these characteristics. We learned them at a young age. They are, however, primarily ›our‹ symbols – the symbols with which Germans, or middle or western Europeans denote and recognize the products of a »different culture«.

Typically, when we label something as cliché, it is meant to be deprecating. That does not do justice, however, to the complexity of the problem. If it is true that we unintentionally hear symbolic values in music, then we cannot avoid clichés. Clichés and the associations they inspire are distinctive. They give the listener a reference point. At this point of reference, much can happen.

In the worst case, it does not go further than the association and mere recognition. This circumstance is overshadowed by an illusion of newness: When we hear that banalities, which remind us of something »foreign« or exotic, have been worked into the framework of a musical language with which we are familiar, then this connection can seem as if it has allowed our eyes to be opened to experience something new. New, in this case however, is at best the combination of symbols, which are well known in and of themselves. If this juxtaposition goes no further than surprising stimuli, which reduce to stereotypical associations, then the apparently new experience can scarcely be separated from exoticism. Such exoticism, however, is only appealing because it assumes a limited and static cultural horizon against whose background the clichés emerge as decorative effects.

It is different when a formula that appears exotic is examined and addressed according to its melodic structure, its sound qualities, its rhythmic form, so that it enriches »our« musical language. The cliché dissolves, and the lines between that which is one’s own and that which is foreign are blurred. No clichés are needed here, just careful listening. It may appear as if the innovation, which can arise out of this, is purely technical. Would it, however, be correct to assume that addressing it technically erases and overwrites all traces of symbolic values? Or does it not belong to the value/quality of an international musical language that the root of a sound figure in a particular cultural context remains audible?

The »international style« – bearing symbols in spite of itself

The value of symbolic references creates a counterbalance to the idea that we can measure the newness of music on a universal scale. And when we take this value seriously, the universally applicable perspective changes. Helmut Plessner formidably presented this change in his great essay “Macht und menschliche Natur” (Power and Human Nature) in 1931 – it was, however, not in relation to music, rather to the universally intended term for human beings. It may well be a step forward that this term for human beings, no longer tied to a certain way of life and culture, appears on the stage of history. In this context, we can also understand the ideas of contemporary art which transcend all national or cultural boundaries.

At the same time, however, Plessner emphasizes: Such a term appears on the stage of ›history‹ – in a certain historic situation and in a certain part of the world. It sees itself as universal, yet stems from its own tradition and cultural association. For music, it signifies that the means of the »international style« can be experienced entirely from the outside – hence from a perspective which conceives of itself in such a way that it is still not part of this internationality. From this point of view, the international style appears to be a ›exceptional‹ style, which moreover – symbolically – refers to a certain context, namely to Europe, to »the West«, to aspects of its culture. Its rational, intellectually characterized features are presumably of particular importance here. An art-form, wishing to free itself of every association with particular traditions, now becomes – in spite of its own self-evidence – the bearer of symbolic content attaching it to one sphere of universal history.

It will be difficult for music, musicians and composers to resist these symbolic conceptions. They can insist that they are misunderstood if the music is linked to memories and stereotypes. They can proclaim that the substance of their music lies in a different area. But is there not a potential for the new and contemporary in that the hearing has such unconscious features which constantly push past music – that the symbolic aspects grow wild, impose themselves and, in doing so, challenge rational, constructive thinking and hearing?

Answers to this question are given by looking East (looking to the global South could achieve something similar) as soon as we see that the east is looking back at us at the same time. This, too, can happen in different ways. In the worst case, this view is a mirror image of exoticism: a cliché is pleasantly reproduced that the European should recognize. We encounter more interesting cases, however, in music, which, in its range of means – its melodies, rhythms or instrumentation – has absorbed and processed techniques of international contemporary music.

With different ears we then hear musical means with which we identify ourselves: they were taken out of a context that was self-explanatory to us. They sound both familiar and foreign – as though we were hearing in another language words from our own, assimilated in the form of citations and appropriations. In this role, they gain a new, perhaps strange sound and meaning. This can go as far as being parodistic: the international style is worn by music, which has sprung up from other traditions, like a disguise.

What kind of experience is it to hear music which carries the symbolic in its sounds without surrendering to it? To hear something which we feel to be universal, and with which we identify ourselves, mirrored in this way, can be disconcerting. What we traditionally hear as stylistic devices of contemporary music appears, on the one hand, alienated. Could it not also be that our experience of the new and contemporary itself is based on clichés, in that it conceives a series of sound figures precisely as symbols of the modern? At the same time, the expectations, even the clichés whose un-mirrored fulfillment we anticipate, appear alienated when we look eastwards. The alienating and the irony, which ensue when symbolic values clash, incite a special kind of experience.

It would not be an exaggeration to describe this experience as new and surprising. It is, however, just that, because its newness is not alone tonal or technical in nature. Nor is it the result of a combination of techniques or symbols, in which the individual puzzle pieces remain unchanged. The new, surprising experience arises much more from the friction of musical aspects, which we habitually hear in such a way that they include the memory of something outside of the music. This newness does not leave the old behind; rather it preserves it and lets it shine.

The music of this festival is therefore a double invitation: to listen to the richness of those figures of sound which are due to a certain cultural, possibly traditional context and thus laden with symbolism – and, at the same time, to question our own perception of those sound figures, through which we are in danger of slipping back onto the beaten path of clichés.

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